Was, wenn’s da reinregnet?

Kindergarten-Neubau in Rottweil-Neufra soll ein doppeltes Satteldach bekommen / Gemeinderatsausschuss befürwortet Millionenprojekt, hat aber Bedenken

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Neubau im Rottweiler Teilort Neufra: Mitte 2028 soll dort ein neuer den bisherigen Kindergarten Regenbogen ersetzen, der nach mehr als 50 Jahren Nutzungszeit nicht mehr den aktuellen Anforderungen entspricht. Der zuständige Gemeinderatsausschuss befürwortet das Millionenprojekt. Gestern wurden ihm die aktuellen Pläne vorgelegt. Weil diese ein doppeltes Satteldach vorsehen, äußerten Stadträte erhebliche Bedenken im Sinne von: Was, wenn’s da reinregnet?

Neufra erhält einen neuen Kindergarten: Die katholische Kirchengemeinde St. Dionysius Neufra als Bauherrin – gemeinsam mit der katholischen Gesamtkirchengemeinde Rottweil und der Diözese Rottenburg-Stuttgart – hat zu diesem Thema bereits einen Einladungswettbewerb abgehalten. Als Sieger ging das Büro BJW Architekten aus Zimmern o.R. hervor. Sein Entwurf sieht einen zweigeschossigen Holzbau vor, dessen Fassade mit hinterlüfteten Holzlatten verkleidet wird. Auf dem Dach ist zudem eine Solaranlage vorgesehen.

Aber das Dach hat’s noch auf andere Weise in sich: Es ist als doppeltes Satteldach vorgesehen. Wodurch an den Dachtraufen, dort, wo sie in der Mitte des Gebäudes zusammentreffen, ein auf der Spitze stehendes Dreieck entsteht. Ein Bereich, an dem Schmelz- und Regenwasser zusammentreffen – und der laut Prophezeiung einiger Rottweiler undicht werden könnte. Teure, immer wiederkehrende Sanierungsmaßnahmen seien die unausweichliche Folge. Rottweiler Stadträten schwillt schon bei weit Geringerem der Kamm.

Denn das neue Gebäude soll, wie sein noch in Betrieb befindlicher Vorgänger, wieder 50 Jahre Bestand haben. Und das bei so einer Entwässerungslinie zwischen den Teilgebäuden? Allen voran der FWV-Stadtrat Dr. Peter Schellenberg glaubt, dass sich dort vorwiegend winters ein Wasserstau ergeben werde, dass dort mehrmalige Sanierung drohe, wenn irgendwo Wasser eindringe.

Der aktuelle katholische Kindergarten in Rottweil-Neufra. Er soll durch einen Neubau ersetzt werden. Foto: Peter Arnegger

Keine Garantie, dennoch Zustimmung

Stefan Popp von BJW Architekten sieht hier aktuell kein Problem. Es gebe Not-Entwässerungspunkte und zwei Abdichtungsebenen, eine untere und eine obere, erklärte der Diplom-Ingenieur und BJW-Partner. Außerdem gebe es dort eine Beheizung, einen Schlauch, der bei Minusgraden anspringt. „Das ist ein kritisches Bauteil, aber wir haben das schon durchgespielt“, sagte Popp, der sich von teils schon emotional argumentierenden Stadträten nicht aus der Ruhe bringen ließ. Entscheidend sei die „ordnungsgemäße Durchführung der Abdichtung“, so der Ingenieur. Natürlich sei auch Pflege und Reinigung der Abläufe nötig, aber das stelle den zuständigen Hausmeister doch sicher nicht voir Probleme. Und: „Dieses Element (also das doppelte Satteldach mit seinem Dreieck in der Mitte) zu verändern, würde zu einem ganz anderen Dach führen. Zu einem Pult- oder Flachdach.“ Und damit zu einem vollkommen anderen Gebäude. Popp legte sich weitgehend fest: „Letztendlich glauben wir schon, dass wir das in den Griff kriegen“. Was Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf, der Mann ist von der Herkunft her Rechtsanwalt, „eine vermiedene Garantieerklärung“, eine echte Garantie würden die Architekten offenbar nicht zu Protokoll geben wollen. Die Stadtverwaltung werde jedenfalls ihr Augenmerk auf diese Position legen, kündigte Ruf an.

Der Punkt blieb am Ende unklar. Mehrere Stadträte regten an, die Dachgestaltung noch einmal zu überdenken. Allerdings beschloss der Ausschuss auf Vorschlag Rufs einstimmig, dass der vorgelegte Vorschlag weiterverfolgt werden kann, unter Berücksichtigung von Verbesserungen auch bezüglich der Dachlandschaft. Alles aber kann, kein Muss.

Geburtstagsfeier im Kindi?

Denn ansonsten: Übereinstimmung. „Ein wunderschönes Projekt, es fügt sich schön in die Umgebung ein“, lobte Ingeborg Gekle-Maier von den Grünen. Sie wollte wissen, wie viel Kosten durch eine Massivbauweise gespart werden könnten, „so Pi mal Daumen“. Die Frage wollte der Architekt „in dieser frühen Phase“ noch nicht beantworten. Da gibt es seinen Worten zufolge viele Stellgrößen und Möglichkeiten. Daneben regte Gekle-Maier an, das Gebäude so zu gestalten, dass es außerhalb der Kindergartenzeiten für Feste und Veranstaltungen gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden könnte. „Darf man den Kindi nach 17.30 Uhr für den 40. Geburtstag vermieten“, fasste Ruf diese Frage launig zusammen. „Das ist schon problematisch“, so die Antwort vom zuständigen Kirchenpfleger Andreas Schmötzer. Mehrfachnutzungen seien sehr schwer umzusetzen, es gebe hohe Auflagen, angefangen etwa beim Datenschutz. Hier habe der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg ein Mitspracherecht und reagiere recht rasch ablehnend. Und das will man nicht, denn laut Architekt Popp hat dieser Verband der Planung bisher bereits im Großen und Ganzen zugestimmt, habe keine Bedenken geäußert, betrachte sie als in Ordnung.

Was sagen die Nachbarn vor Ort?

Die direkte Nachbarschaft sei nicht ganz so happy, das Gebäude gerate hoch und ausgreifend, gab Schmötzer, Gesamtkirchenpfleger der katholischen Gesamtkirchengemeinde Rottweil, zu. Allerdings seien alle rechtlichen Vorgaben eingehalten. Er habe zudem Gespräche mit dem hauptsächlich betroffenen Nachbarn geführt und sei da ganz zuversichtlich. Er glaube, dass dieser eines Tages erkenne, dass ihn der Neubau gar nicht so einschränke, wenn er erst einmal steht und in Betrieb ist. „Wir glauben schon, dass wir das Gebäude dem Nachbarn zumuten können.“

Zum Bau selbst

Der neue Neufraer Kindergarten fügt sich laut Architekten, Kirchengemeinde und Stadtverwaltung harmonisch in das bestehende Umfeld ein. „Das Gebäude gliedert sich in zwei zueinander versetzte Gebäude mit Satteldachriegel, die den Haupteingang und den Spielbereich im Garten definieren. Der Neubau orientiert sich an den südlichen und östlichen Grundstücksgrenzen und öffnet sich nach Westen hin zum Garten. Der Vorplatz im Süden bildet das Entrée zum Kindergarten und dient gleichzeitig als zentraler Erschließungsbereich“, heißt es seitens der Verwaltung.

Architekt Popp: Wichtig sei einerseits die städtebauliche Eingliederung, andererseits, aber noch wichtiger, die Zuwegung, die eindeutig erkennbar sei. Es sei klar: „Wo ist der Kindergarten, wo muss ich rein.“ Drinnen bleiben die Kleinen unten und gibt es dort, im Erdgeschoss, auch Personalräume. Im Obergeschoss sind die Über-Dreijährigen untergebracht, die eine Außentreppe wiederum direkt zum Garten haben werden. Die Stockwerke soll ein Aufzug verbinden (bei dem es bleibt, auch nach einer Anregung aus dem Gemeinderatsausschuss, stattdessen eine sechsprozentige Rampe zu bauen; die wurde als nicht zielführend höflich, aber entschieden abgelehnt).

Der Spielbereich im Nordwesten soll von Spielinseln geprägt sein, die verschiedene Aufenthalts- und Bewegungsmöglichkeiten bieten. „Ein Sandspielplatz, Kletterelemente und Balancierstämme schaffen ein abwechslungsreiches Spielumfeld. Die Stellplätze für Pkw und Fahrräder befinden sich seitlich des Haupteingangs, sodass die Eingangssituation verkehrsberuhigt bleibt“, so die Verwaltung.

Die Architekten überzeugten die Jury laut der Stadt Rottweil mit einem nachhaltigen, energieeffizienten Gebäude: Statt einer zentralen Lüftungsanlage ermöglichen Lüftungsklappen in der Fassade eine natürliche Belüftung und Nachtauskühlung. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach versorgt das Gebäude mit Strom, der in einem Salzwasserspeicher gepuffert wird. Die Fußbodenheizung kann bei Bedarf auch zur Kühlung genutzt werden. Der Bau erfolgt in nachhaltiger Holzbauweise mit einer Bodenplatte aus Recyclingbeton, um den CO₂-Fußabdruck zu minimieren.

Kleiner, günstiger, dennoch gut

Seitdem der Siegerentwurf angenommen wurde, sind einige Monate ins Land gegangen, die die Architekten für eine Verfeinerung ihrer Planung genutzt haben. „Der Kindergarten ist im Wesentlichen so geblieben, wir haben ihn aber etwas geschrumpft, mit dem, was möglich war“, so Architekt Stefan Popp. Man habe die Kubatur verkleinert, also den umbauten Raum, „ohne einen Nachteil in der Funktion der Räume oder der Zusammenhänge zu bekommen“. Denn Feinheiten träten erst nach einem Wettbewerb, in den ersten Gesprächen zutage, so der Diplom-Ingenieur. Sein Büro, er selbst, zeigen sich sehr engagiert in der Umsetzung.

Und das hat einen positiven Effekt: Die Reduzierung der Kubatur und der Freianlagen hat eine starke Kostenersparnis erbracht, ohne dass das Gebäude nennenswert an Leistung verloren habe, wie Popp ergänzte. Ursprünglich waren 4,7 Millionen Euro Gesamtkosten (Abriss, Neubau) errechnet worden. Die Veränderung haben nach Berechnungen von BJW Architekten bereits 696.000 Euro Ersparnis eingebracht. Macht zusammengefasst aktuelle Projektkosten von knapp unter 4 Millionen Euro. Das Gebäude ist aktuell in Holzbau geplant. Aus Nachhaltigkeitsgründen. Es könne auch ganz oder teilweise in Massivbauweise errichtet werden, das werde „noch einmal durchgespielt“, so Popp. Holz ist teurer, also ist auch hier Sparpotenzial drin.

Die Stadt Rottweil hat für ihren Anteil an der Finanzierung zunächst 3,2 Millionen Euro im Haushalt eingeplant. Die nun fortgeschrittene Planung zeigt laut der städtischen Abteilung Schulen und Kindergärten: „Das Projekt liegt derzeit im Zeit- und Kostenrahmen.“

Insgesamt sind das Zahlen und eine Entwicklung, die die Stadträtinnen und Stadträte erfreuten. Die Mitglieder des Kultur-, Sozial- und Verwaltungsausschusses nahmen den Sachstandsbericht jedenfalls zur Kenntnis und empfahlen die geplante Fortführung des Neubauprojektes – mit einem Augenmerk darauf, ob die Dachgestaltung nicht verbessert werden kann.

Zusätzliche Gruppe im neuen Neufraer Kindi

Mit dem Neubau wird auch das Betreuungsangebot erweitert, teilt die Stadtverwaltung dazu mit. Neben den beiden bestehenden Gruppen für Kinder über drei Jahren (insgesamt 50 Plätze) soll eine zusätzliche Gruppe für unter Dreijährige mit zehn Plätzen geschaffen werden.




Peter Arnegger (gg)

… ist seit gut 25 Jahren Journalist. Seine Anfänge hatte er bei der Redaktion der “Schwäbischen Zeitung” in Rottweil, beim Schwäbischen Verlag in Leutkirch volontierte er. Nach einem Engagement bei der zu diesem Verlag gehörenden Aalener Volkszeitung wechselte Arnegger zur PC Welt nach München, einem auf Computer-Hard- und -Software spezialisierten Magazin. Es folgten Tätigkeiten in PR und Webentwicklung.2004, wieder in seiner Heimat angekommen, half Arnegger mit, die NRWZ aus der Taufe zu heben. Zunächst war er deren Chefredakteur, und ist zwischenzeitlich Geschäftsführer der NRWZ Verwaltungs GmbH – und als solcher der verantwortliche Journalist der NRWZ.Peter Arnegger ist 1968 in Oberndorf / Neckar geboren worden.

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